Strähne für Strähne hatte sie sorgfältig die Haare um rosa Plastiklockenwickler geschlungen, trug Steppbademantel, steckte die Füße in die Puschen und ab ging es zum Shopping auf dem Wohnzimmersofa. Ließ sich früher unterversorgte Landbevölkerung den Rock für den sonntäglichen Gang zur Kirche oder einen warmen Pullover per Versandhaus liefern, hat sich das Bild der typischen Quelle-Kundin oder des Otto-Kunden, heute verändert. Unklar bleibt, ob dieses Voruteil überhaupt je gestimmt hat. Heute ist die Vorstellung vom Versandhauskunden eine andere. Mittlerweile greifen auch Fashion Victims ab und zu mal zur Katalogmode. Allerdings tauschen sie dabei Postkarte und Kugelschreiber gegen Bildschirm und Computermaus. Der moderne Versandhauskunde bestellt per Internet.
Tradition des Bestellens
Die Ottos und Quelles unserer Republik schauen auf eine lange Tradition zurück. Die Firma Korn & Hostrupp bot 1799 vorgefertigte Kleidung in einem Katalog an. Bis dahin hatte man sich jedes Kleidungsstück schneidern lassen müssen. Die angebotene Mode musste nur noch wenig an den Träger oder die Trägerin angepasst werden, was deutlich billiger war, als die maßgescheiderten Kleider und Anzüge. Es dauerte aber noch einmal 100 Jahre, bis die Post den Nachnahmeverkehr einführte. Dann war es erst möglich, verschickte Ware zu bezahlen. Gustav Schickedanz gründete 1927 sein Versandhaus Quelle, das später von seiner Frau Grete geführt wurde. Werner Ottos Erfolgsgeschichte begann nach dem zweiten Weltkrieg. In Hamburg eröffnete er ein Schuhgeschäft. 1950 erschien sein erster Katalog in einer Auflage von 100 Stück. Der Urvater aller Wälzer hatte gerade mal 16 Seiten.
Modern und hipp
Heute ist Otto das größte Versanhandelsunternehmen der Welt und verschickt Kataloge, mit denen man Großwild erlegen könnte. Das Voruteil, nur Steppbademantelträgerinnen oder Latzhosenliebhaber bestellen bei Versandhäusern ist weitgehend verschwunden. Das liegt weniger am Angebot, das immer schon vielseitig war, sondern mehr an der Kataloggestaltung. Warum nicht auch Versandhausmode von Top-Models zeigen lassen, fragte man sich bei Otto. Claudia Schiffer, Eva Padberg, Tatjana Patitz, Bar Rafaeli oder Sylvie van der Vaart – die Liste der Top-Models, die bereits Otto-Mode trugen, ist lang.
Fotos: Otto
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