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Waschmaschine_2

Bald darf ich raus in die weite Welt. In den kommenden Tagen werde ich wegfahren, für meinen Job. Männer würden das ganze Dienstreise nennen. Für mich sind es zunächst fünf entspannende Stunden im ICE. Dort bin ich gezwungen nichts zu tun. Weder lassen sie mich die Zugfenster putzen, noch schleppe ich einen Laptop um virtuell fleißig zu sein.  Stattdessen werde ich jeden an meinem Zugfenster vorbeihuschenden Baum hinter hergucken und zwischendurch in meinem analogen Buch blättern oder ein Nickerchen machen. Aber vielleicht wird tief in mir drin eine Ahnung nagen – die Ahnung, dass ich den Haushalt doch nicht so perfekt hinterlassen habe, wie ich es selbst von mir verlange.

Mein Problem: Bis es soweit ist und ich im Zug sitze, läuft der häusliche Countdown ab. Ich schrubbe und poliere, kaufe ein und schmeiß die Waschmaschine an. Schließlich weiß man nicht, ob in den zwei Tagen, die ich unterwegs bin, die Unterhosenverknappung ausbricht oder jeder Supermarkt im Umkreis ausverkauft ist. Es könnte auch sein, dass die Welt untergeht. Undenkbar, wenn da nicht die Küche geputzt wäre.

Ich denke, es gibt einen grundlegenden Unterschied, ob Männer Dienstreisen machen oder Frauen „für den Job unterwegs“ sind. In den ersten beiden Jahren meines Studiums habe ich nebenbei in einem Hotel gearbeitet, in dem viele, fast ausschließlich männliche Geschäftsreisende übernachteten. Keiner von ihnen machte den Eindruck, als hätte er vor seiner Abreise für seine Familie zu Hause die Fußböden poliert und Wäscheberge gebügelt, bevor er sich für ein paar Tage wegtraute. Die Herren waren  entspannt. Kaum einer griff zum Telefon, um zu Hause zu fragen, ob alle Ohren geputzt oder genug Gemüse gespeist wurden.

Immer wieder sage ich mir, nimm Dir ein Beispiel an anderen: Mach die Tür hinter Dir zu und vergiss das Chaos. Genieße den Anblick eines jeden Baumes an der Bahnstrecke. Aber ich werd es nicht sein lassen können: Abends greife ich zum Telefon, werde fragen, ob mein Töchterchen endlich eine freie Nase hat, werde Tipps und Befehle erteilen und fragen, ob alle Ohren geputzt sind. Selbstverständlich werde ich auch Spaß haben. Ab und an nagt es tief in mir drin.

Foto: Lifestyle Bunny / Patricia Guzman