Massenpanik bei der Loveparade
Eigentlich wollte ich Euch an dieser Stelle schöne Fotos von glücklichen Menschen auf der Loveparade zeigen, doch es kam anders: Als ich das Gelände des alten Duisburger Güterbahnhofs gegen 17 Uhr (anhand von SMS, die ich meiner Schwester geschickt habe, stand ich spätestens ab 16.40 Uhr auf der Rampe) über eine Rampe in Richtung Tunnel verlassen wollte, strömten mir Menschen entgegen, die vor irgendetwas wegzulaufen schienen.
Auf der rechten Seite versuchten einige junge Frauen und Männer die hohen Seitenwände der Rampe zu überwinden, indem sie einen Lichtmast hochkletterten. Problem war, dass sich gleichzeitig fünf oder zehn am schmalen Gestänge hochzogen. Oben stand Polizei und ich musste ungläubig zusehen, wie die Beamten den Menschen beim Klettern halfen, anstatt sie darauf hinzuweisen, dass der Mast so viele Leute nicht tragen konnte. Dann erkannte ich, dass vor mir viel zu viele Menschen auf ein Podest geklettert waren, um sich von dort aus hochzuziehen. Sie hatten gerade den Tunnel verlassen. Andere liefen eine schmale Treppe hinauf, die ins Mauerwerk eingelassen war. Hilflos stand ich vor diesen Szenen und konnte kaum fassen, was sich da vor meinen Augen abspielte.
Nur ein einziger Zugang
Schon vor 14 Uhr, als ich das Gelände der Loveparade betreten hatte, fand ich es bedenklich, große Menschenmassen durch einen Tunnel und eine Rampe aufs Gelände zu führen. Der alte Güterbahnhof selbst war mit Zäunen abgesperrt, genauso wie weite Teile des Geländes. Die großen Wagen, Floats genannt, kreisten um das alte Gebäude herum. Es herrschte großes Gedränge, aber alle waren freundlich und gut gelaunt, schaukelten im Takt und genossen die Sonne.
Ein blondes Mädchen sprach mich auf meinen Fotoapparat an, mein guter Freund R. verschenkte im Namen der deutsch-holländischen-Freundschaft Blumenketten an Niederländerinnen. Gegen 17 Uhr sollte die eigentliche Loveparade beendet sein. Und weil wir nicht mehr zum Konzert bleiben wollten, machten wir uns schon vorher auf den Weg zur Rampe, wo uns Menschenmassen entgegen kamen, die das Konzert besuchen wollten. So liefen sich Heimkehrende und Neuankömmlinge in die Arme.
Fast zweistündiger Rückweg von der Loveparade
Nun standen wir am Anfang der Rampe, konnten nicht in den Tunnel und nicht wirklich aufs vollgestopfte Gelände zurück. Wir wichen zur Seite hin aus, wo ein breiter Notausgang an den Bahngleisen entlang hinausführte. Die zu laufende Strecke war lang, der Boden uneben und voller Geröll und die Sonne schien. Als wir schließlich das Gelände zwischen 18 und 19 Uhr verlassen hatten, waren wir erstmal glücklich. Wir setzten uns in einer ruhigen Straße auf den sonnigen Asphalt und haben Hühnchenspieße gegessen. Schon vor dem Tunnel wussten wir bereits, dass es Tote und viele Verletzte gab, denn es war ja vor uns unseren Augen passiert. (Hinzugefügt am29.07.2010, 15 Uhr: wegen der dichten Menschenmasse, konnte ich keine Leute sehen, die am Boden lagen, aber ich habe gehört, was die anderen sagten.)
Hier draußen war alles so ruhig und die Nachricht von der Massenpanik hatte sich noch nicht bis hierhin verbreitet. Merkwürdig unwirklich erscheint mir das heute erlebte. Ich bin unverletzt und glücklich darüber. Gleichzeitig empfinde ich großes Mitleid für die Toten und Verletzten und deren Angehörige. Es waren so viele Verletzte da, dass nicht alle sofort versorgt werden konnten und es saßen so viele am Wegesrand, denen es schlecht ging. Ich hoffe, Ihr habt alles gut überstanden, falls Ihr auch dort gewesen seid.
Weitere Augenzeugenberichte bei:
Miriam, die sich auf dem Gelände aufhielt, während die Panik ausbrach und erzählt, dass noch Platz für weitere Teilnehmer da gewesen wäre.
Lukas stand fast an der selben Stelle, wo auch ich mich aufgehalten habe. Er schildert alles sehr detailliert.
Dirk hat kurz vor der Katastrophe gegen 16.30 Uhr das Gelaende verlassen.
Und hier ist eine Website, die sich mit dem Thema beschäftigt.
Fotos: Patricia Guzman / Lifestyle Bunny
Kannst du sagen was die Panik ausgelöst hat? Es wird immer wieder von abstürzenden Menschen berichtet, ich konnte das bisher nicht bestätigen!
Meiner Meinung nach kamen die Menschen schon in Panik aus dem Tunnel. Also müsste die Panik im Tunnel ausgebrochen sein und hat sich von dort auf die Rampe ausgebreitet. An den Absperrzäunen brach dann punktuell im kleinerem Maße Panik aus. Es gab also mehrere Zentren, könnte man sagen.
Von den Wänden rutschten einige ab, aber das war meiner Meinung nicht die ursprüngliche Ursache für die Massenpanik, das hat diese nur verstärkt. es soll viele Verletzte am Podium und vor den Wänden gegeben haben. Das habe ich aber nicht fotografiert.
Die Loveparade hätte so nie veranstaltet werden dürfen. Das Gelände ist nicht für so viele Leute ausgelegt. Und ein eingezäuntes Gelände bei nur einem kombinierten Zugang/Ausgang? So etwas geht doch nicht. Aber einige Leute in Duisburg wollte ja unter allen Umständen diese Loveparade und hat jetzt ein Riesendeaster erlebt.
Echt schlimme Sache…
Allgemein meide ich solche großen Massenveranstaltungen. Das Risiko vor Massenpanik, Bombenanschlag, Seuchen etc. ist mir zu groß.
Aber jeder wusste, früher oder später wäre sowas passiert.
Echt schlimm…
🙁
Ja, das Gelände war sogar für die ursprünglich „nur“ 500.000 geplanten Besucher ungeeignet. Der Tunnel war zu finster, zu eng und auf der Rampe war man zwischen hohen Mauern eingzwängt. Dass die Rampe geschätzte 30 Meter breit war, reichte nicht aus.
Das hat mich echt berührt. Die Loveparade kenne ich ja aus den 90-igern und es ist so grausam, dass das passiert ist. Aber hätten die den Bahnhof extra umbauen lassen sollen? Die Ursache „Massenpanik“ liegt ja auch an den Menschen, die dort waren, aber ich hätte auch nicht in einen solchen Tunnel mittendrin stehen wollen. Bin gespannt, was die Staatsanwaltschaft dazu sagt. Das muss die Hölle dort gewesen sein … bin traurig, dass so junge Menschen so früh gehen sollten … unfassbar! Den Angehörigen gilt unser aufrechtes Mitgefühl!
YAH ES WAR SCHRECKLiiCH 🙁
DiE FAMiiLiiEN DER VERSTORBENEN TUN MiR SO LEiiD MEiIN BEiiLEiiD 🙁
Angeblich sollen auch einige durch herabfallende Menschen verletzt worden sein. Man kann den Menschen die da hochgeklettert sind doch auch keinen Vorwurf machen – die wollten doch auch nur von der Massenpanik flüchten??
@Ralf: Ich habe niemanden aus großer Höhe fallen sehen. Es gab wohl welche, die auf dem unteren Teil der Mauer abrutschten, weil sie an Kabeln hochklettern wollten, aber die sind wohl nicht auf andere gefallen. Zum Beispiel habe ich niemanden von der Treppe fallen sehen. Die Leute lagen vorne vor der ersten Stufe. Ich konnte nicht erkennen, was da am Boden vor sich ging, weil vor mir zu viele standen.
Inzwischen ist ziemlich klar geworden: Es hat im eigentlichen Sinne keine „Massenpanik“ gegeben, sondern schlicht großes Gedränge, wie es bei vielen, vielen Großveranstaltungen vorkommt. Einziges Problem: Das Gedränge war zu groß und im Bereich der Treppe war es am stärksten. Dort gab es dann auch tatsächlich einige Menschen, die Panik empfangen, da sie so sehr zusammengedrückt wurden, dass sie kaum noch Luft bekamen und zum Teil sogar mehrere Menschen übereinander geschichtet wurden bzw. übereinander stiegen. Dies kann durch bestimmte Teilfaktoren verstärkt worden sein, z.B. der einfahrende Polizeiwagen (16:51), dem Platz gemacht werden musste oder die Leute, die beim Klettern am Plakat abstürzten oder die männlichen Leute, welche meinten, wenn Frauen stagedivingmäßig getragen werden können, dann könnten doch auch sie auf den Schultern der Leute weiterklettern.
Dass so viele Leute über Treppe und Mast (ab ca. 16:15) und Container (ab ca 16:45) kletterten lag schlicht daran, dass von 16:01 bis 16:40 eine Polizeisperre auf der Rampe war und es daher nicht weiter ging. Da aber so großes Gedränge war und man schon ewig warten musste und nun das Ziel so nah schien, war für viele das Klettern die Chance, endlich aufs Gelände und aus dem Gedränge raus zu kommen. Zumal die Polizei das Klettern noch unterstützte und es damit als machbar und offenbar einzige Möglichkeit erschien.
Als erstes natürlich RIP an die Opfer der Loveparade in Duiburg, die Organisatoren hätten sich einfach mehr mit der Problematik einer Massenpanik befassen sollen, denn schließlich war es die Jubiläums-Parade zum 20 Geburtstag der größten Techno Veranstaltung der Welt, aber anscheinend haben sich die Leute damit nicht genug befasst und leider können Wir nie wieder in Deutschland zu mindestens mit der Loveparade rechnen…Meiner Meinung hätten sie die Lobveparade einfach in Berlin gelassen, da war am meisten Platz. Na vielleicht wird es ja nächstes Jahr bzw. dieses Jahr zum Tag der Loveparde einen Gedenk Techno Gig für alle Raver und die verstorbenen geben, denn das wäre das geringste was man den Leuten zurückgeben könnte.